Ein Plädoyer für Gutenberg
Einleitung
Der mit der Version 5.0 von WordPress eingeführte neue Editor namens Gutenberg ist von der WordPress-Gemeinde mit deutlich gemischten Gefühlen aufgenommen worden und es wurde sehr viel Negatives darüber berichtet. Man sieht das auch heute noch deutlich an den Bewertungen für das Gutenberg-Plug-In, die seit Erscheinen nicht über 2 von 5 Sternen hinauskommt.
Und tatsächlich hatte die erste Version des Gutenberg-Editors, die zusammen mit der Version 5.0 von WordPress im Dezember 2018 eingeführt wurde, mit einer erheblichen Menge an Problemen zu kämpfen. Wie der Großteil der WordPress-Entwickler glaube auch ich, dass der Editor besser etwas später in einer bereits fehlerbereinigten Version als fester Bestandteil in WordPress hätte eingeführt werden sollen.
Mittlerweile liegt WordPress allerdings in der Version 5.3 vor und die meisten dieser Unzulänglichkeiten sind längst beseitigt und viele neue Funktionen ergänzt worden. Und viele Benutzer erkennen mittlerweile auch an, dass das Konzept von Gutenberg zukunftsweisend ist und dass der Ersatz des alten Editors längst überfällig war.
Und deshalb möchte ich Ihnen mit diesem Artikel die Nutzung des Gutenberg-Editors ans Herz legen. Mittlerweile gibt es keinen Grund mehr, dem alten Editor (Tiny MCE) noch länger nachzutrauern. Und auch gegenüber den großen Page-Builder-Plug-Ins weißt der neue Editor deutliche konzeptionelle Vorteile auf. Gutenberg ist erwachsen geworden.
Bei Interesse finden Sie übrigens in meinen Artikeln Gutenberg oder doch lieber gleich ein Page Builder ? und Warum Sie auf Page-Builder verzichten sollten einige weitere Argumente für einen Wechsel auf Gutenberg.
Wie funktioniert Gutenberg
Beim Gutenberg-Editor handelt es sich um einen sogenannten Block-Editor. Der Name kommt daher, dass Sie mit diesem Editor „Blöcke“ verschiedener Inhaltstypen auf einer Seite anordnen können. Das entspricht ungefähr der Arbeitsweise eines Page-Builder und ermöglicht die Erstellung komplexer Seiten und Beiträge in einer bequem bedienbaren Oberfläche.
Die Unterschiede zu einem Page-Builder
Im Gegensatz zu einem der großen Page-Builder beschränkt sich der Gutenberg-Editor zurzeit auf die Bearbeitung des Inhaltsteiles einer Seite oder eines Beitrages. Das Design der Website (Kopfbereich, Menüs, Seitenleisten und Fußbereich) bleibt weiterhin vom installierten Theme und eventuellen CSS-Anpassungen abhängig.
Und aus diesem Grunde (und im Gegensatz zu einem Page-Builder) setzen Sie mit dem Gutenberg-Editor auf eine sehr leistungsfähige und zukunftssichere Methode zum Aufbau einer Website.
Mehr zu diesem Thema finden Sie in meinem Artikel Warum Sie auf Page-Builder verzichten sollten.
Die Möglichkeiten von Gutenberg
In den nachfolgenden Absätzen gehe ich etwas eingehender auf die Möglichkeiten ein, die Ihnen Gutenberg heute schon bietet. Noch etwas weiter unten können Sie etwas über die zukünftige Entwicklung von Gutenberg lesen (und sehen, dass sich das Warten lohnen dürfte).
Umfangreiche, benutzerdefinierte Layouts ohne Codierung
Vor dem Erscheinen von Gutenberg waren viele Dinge nur über eine benutzerdefinierte Codierung via Inline-HTML, ein benutzerdefiniertes Theme oder ein Plug-In möglich, weil der alte Editor (Tiny MCE) mit seinen Möglichkeiten doch sehr begrenzt war.
Mit dem Block-Konzept von Gutenberg (besonders seit der in WordPress 5.3 enthaltenen Version 6.5) stehen Ihnen quasi unbegrenzte Möglichkeiten zur Zusammensetzung und Anordnung von Elementen auf einer Seite zur Verfügung.
Die Blöcke
Gutenberg beruht, wie oben bereits erwähnt, auf sogenannten Blöcken. Ein Block ist ein eigenständiges Element auf einer Seite und kann je nach Typ unterschiedliche Inhalte enthalten. Das können Textabsätze, Überschriften, Listen, Bilder, Videos und vieles mehr sein. Mit dem Einbetten-Block lassen sich außerdem verschiedene externe Medien in Beiträge und Seiten einbetten, beispielsweise aus YouTube oder Instagram.
Dazu kommen diverse Layout-Blöcke wie Gruppen oder Spalten, die ihrerseits wieder andere Blöcke enthalten können. So lassen sich beispielsweise Absätze in Spalten anordnen und Elemente gruppieren. Außerdem finden sich hier reine Layout-Elemente wie Abstandshalter, Trennlinien oder Seitenumbrüche, die für das Seitenlayout unverzichtbar sind.
Daneben gibt es noch einige Widget-Blöcke, die beispielsweise zur dynamischen Anzeige von Beiträgen, Seiten, Kommentaren oder Menüs genutzt werden können.
Insgesamt gibt es zurzeit (Gutenberg 6.5) ungefähr 35 verschiedene Blöcke, die teilweise mehrere Varianten aufweisen.
Mögliche Erweiterungen
Im WordPress-Verzeichnis für Plug-Ins finden sich eine Vielzahl an Plug-Ins, die zusätzliche Blöcke für Gutenberg bereitstellen, mit denen sich auch deutlich komplexere Anforderungen erfüllen lassen. Außerdem fügen mittlerweile viele Plug-Ins eigene Blöcke zum Gutenberg-Editor hinzu und kommen deswegen ohne die vorher verwendeten Shortcodes aus.
Eine vollständige Liste der im Wordpress-Verzeichnis zur Verfügung stehenden Blöcke und Blocksammlungen (von denen die meisten übrigens kostenlos erhältlich sind) würde den Rahmen dieses Artikels deutlich sprengen. Ich habe Ihnen daher in meinem Artikel Neue Blöcke für den Gutenberg-Editor eine Auswahl zusammengestellt, die ich ständig erweitere.
Die Abwärts-Kompatibilität
Gutenberg ist vollständig abwärtskompatibel. Daher gibt es zwei spezielle Blöcke, mit denen sich entweder der alte Editor (Tiny MCE) oder ein beliebiger Shortcode einbinden lässt.
Beide Blöcke bieten die gleiche Funktionalität wie im alten Editor, mit dem alten Editor erstellte Seiten und Beiträge lassen sich daher ohne Einschränkungen in Gutenberg weiterbearbeiten.
Der Block-Manager
Gerade dann, wenn Sie verschiedene Plug-Ins für Gutenberg nutzen, dürfte Ihnen der in der WordPress-Version 5.2 eingeführte Block-Manager gefallen. Damit lassen sich Blöcke deaktivieren und Überschneidungen zwischen den einzelnen Plug-Ins zwar nicht vermeiden, aber zumindest ausblenden.
Die vollständige Vermeidung von Überschneidungen soll zukünftig möglich sein, denn in einer späteren Version wird es eine Block-Bibliothek geben, aus der sich die gewünschten Blöcke herunterladen lassen. Der Gutenberg-Editor wird dann nur noch ein Grundgerüst an Blöcken enthalten, alle anderen Blöcke lassen sich dann bei Bedarf aus einer Bibliothek laden.
Die Zukunft von Gutenberg
Die Entwicklung von Gutenberg wird nach heutiger Planung in vier Phasen stattfinden. Die Phase 1 bestand in der allgemeinen Einführung von Gutenberg als Standard-Editor in WordPress und war mit dem Erscheinen der Version 5.0 im Dezember 2018 abgeschlossen.
Wir befinden uns momentan in der Phase 2 der Entwicklung, die mit der Einführung von WordPress 5.3 im November 2019 und der damit verbundenen Integration von Gutenberg 6.5 bereits einen guten Schritt vorangekommen ist.
Im Jahr 2020 wird die Phase 2 weiter vorangetrieben werden. Ziel der Phase 2 ist die Umsetzung der kompletten Website auf Basis von Blocks. In der momentan aktuellen Version 7.1 ist beispielsweise bereits ein Menü-Block enthalten, der in späteren Versionen dann die bisherigen Menü-Werkzeuge ersetzen dürfte.
Letztendlich wird mit Abschluss der Phase 2 von Gutenberg jedes Element einer Website als Block verfügbar sein. Die Bearbeitung des Designs der gesamten Website (inklusive der Kopf- und Fußbereiche, der Seitenleiste und der Menüs) dürfte dann im Gutenberg-Editor verfügbar sein.
Den letzten Teil von Phase 2 dürfte dann ein neues Standard-Theme darstellen, bei dem die neuen Blocks auch tatsächlich in allen Bereichen des Themes genutzt werden können. Aber bis dahin werden zumindest die großen Anbieter die neuen Funktionen bereits überwiegend in ihre Premium-Themes integriert haben.
Die Phase 2 dürfte sich noch weit in das Jahr 2020 hinziehen, allerdings sind die Phasen 3 und 4 bereits in der Planung und werden simultan mit der Phase 2 in Angriff genommen werden.
Die Phase 3 wird sich dabei mit der Zusammenarbeit und der Bearbeitung durch mehrere Benutzer befassen, während in Phase 4 die Unterstützung für mehrsprachige Websites implementiert werden wird.
Die komplette Roadmap finden Sie übrigens hier (in englischer Sprache).
Die jeweils aktuelle Version von Gutenberg können Sie übrigens schon ausprobieren, bevor Sie in WordPress integriert wird. Dazu müssen Sie sich lediglich das Gutenberg-Plug-In installieren und erhalten dann ganz automatisch die jeweils neueste Version von Gutenberg. Es wird allerdings empfohlen, diese Version nur in Testumgebungen zu benutzen, um etwaige Fehlfunktionen auszuschließen. Das Plug-In finden Sie hier.
Fazit
Der Gutenberg-Editor stellt ganz klar die Zukunft von WordPress dar, das Hauptaugenmerk der Entwickler liegt momentan auf dieser Entwicklung.
Für Sie als Anwender von WordPress bedeutet das, dass Sie sich einmal mit diesem Editor auseinandersetzen sollten, falls Sie das nicht bereits getan haben. Und wenn Sie im Moment mit der Entscheidung für einen zusätzlichen Page-Builder liebäugeln, sollten Sie sich vorher genau überlegen, ob Sie diesen tatsächlich benötigen und bereits sind, dafür eventuell die Zukunftsfähigkeit Ihrer Website aufs Spiel setzen möchten.
Denn der Gutenberg-Editor wird in Zukunft wahrscheinlich einen Großteil der Funktionen heutiger Page-Builder bieten können und eine komfortablere Bearbeitung ermöglichen. Im Prinzip reichen die heutigen Funktionen von Gutenberg bereits für die meisten Anwendungsfälle aus.
Wenn Sie den Gutenberg-Editor noch nie benutzt haben und gerne einmal hineinschnuppern möchten, dann können Sie das übrigens hier auf wordpress.org tun. Ich wünsche viel Spaß.
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