Corona

Leider sind Luxemburg und Österreich durchaus vergleichbar

Im luxemburgischen L’Essentiel ist am 16. November 2021 unter dem Titel „Luxemburg und Österreich sind nicht vergleichbar“ ein Artikel erschienen, in dem einige Aussagen des luxemburgischen Hochkommissars für nationale Sicherheit, Luc Feller, zitiert werden, die einer gewissen Einordnung bedürfen.

http://www.lessentiel.lu/de/luxemburg/story/luxemburg-und-osterreich-sind-nicht-vergleichbar-17652605

Die Kernaussage des Artikels lautet, dass das, was in Österreich gerade geschieht, in Luxemburg nicht passieren könne. Und diese Kernaussage stützt sich auf ein paar Zahlen, die so zumindest ein wenig irreführend sind. Deswegen hier eine kurze Einordnung zu der folgenden Aussage des Artikels (der Datenstand für alle Grafiken ist der 16. November 2021).

Quelle: L‘Essentiel

Die Impfquote stellt sich etwas anders dar

Laut dem European Center for Disease Control ECDC ist es zwar durchaus korrekt, dass die Impfquote in Luxembourg in den verschiedenen Altersgruppen fast durchwegs höher als in Österreich liegt. Aber in der besonders vulnerablen Altersgruppe ab 60 Jahren, die für die Situation in den Kliniken besonders wichtig ist, liegt Luxemburg mit einer Impfquote von 86.3 % hinter Österreich mit 87,5 %.

Und auch die eigentlich wichtigere Impfquote bezogen auf die Gesamtbevölkerung ist mit 65,2 % für Luxemburg nicht so sehr weit von Österreich mit 63,8 % entfernt.

Bei OurWorldInData stellt sich das ganz ähnlich dar, hier wird allerdings zusätzlich noch ein Vorsprung Österreichs bei den Auffrischungs-Impfungen ersichtlich.

Der Trend in der Klinikbelegung geht in dieselbe Richtung

In der Klinikbelegung zeigt sich ein ähnlicher Trend in Luxemburg wie in Österreich, auch wenn die Zahlen hierzulande noch auf einem deutlich niedrigeren Niveau liegen. Man wird da die zukünftige Entwicklung beobachten müssen, aber der Trend gibt zumindest Anlass zur Sorge.

Außerdem wird hier noch etwas Anderes sichtbar. Die Klinikbelegung (hier pro Million Einwohner) in Österreich liegt ungefähr beim Doppelten von Luxemburg, während die Inzidenz in Österreich um rund das dreifache höher liegt. Das spricht für eine höhere Dunkelziffer von Infizierten in Luxemburg als in Österreich.

Der Grund dafür könnte in der Anzahl der durchgeführten Tests liegen (das eingestellte Large Scale Testing in Luxemburg dürfte den Blick auf das Infektions-Geschehen getrübt haben), also sehen wir uns die entsprechenden Zahlen einmal an.

Die Teststrategie könnte den Unterschied in der Inzidenz erklären

Neu-Infektionen, die man gar nicht erst entdeckt, tauchen logischerweise auch nicht in der Inzidenz auf. Mit zunehmendem Impffortschritt (gerade bei den Älteren) wird das immer wahrscheinlicher, weil bei Geimpften und Jüngeren viel mehr asymptomatische und leicht-symptomatische Verläufe auftauchen (die sich von sich aus kaum jemals testen lassen, weil sie ihre Infektion überhaupt nicht bemerken).

Da Österreich mittlerweile rund zehnmal so viel wie Luxemburg testet, dürfte hier eine (zumindest teilweise) Erklärung für die viel höhere Inzidenz zu finden sein. Für eine deutlich höhere Dunkelziffer von unerkannt Infizierten in Luxemburg spricht übrigens auch, dass die Positivrate der Tests in Luxemburg rund dreimal höher als in Österreich ausfällt.

Fazit

Sicherlich ist das Infektions-Geschehen in Luxemburg derzeit noch geringer als in Österreich. Wir sollten daraus aber keine falsche Beruhigung ziehen, sondern uns klarmachen, dass sich das sehr schnell ändern kann. Wir sollten die Situation in Österreich eher als dringenden Hinweis auf eine nicht allzu ferne Zukunft hierzulande sehen.

Allerdings wird im Artikel (ganz im Gegensatz zur oben kommentierten Kernaussage) auch erwähnt, dass ein solches Szenario abhängig von der Entwicklung der Coronasituation vorstellbar sei und dass in der Ethikkommission bereits über das Thema diskutiert werde.

Bei Interesse können Sie übrigens im Artikel Wir brauchen Maßnahmen – UND ZWAR SOFORT!!!! vom 11. November 2021 hier im Blog noch einmal nachlesen, warum wir jetzt eigentlich eine 2G-Regelung hierzulande bräuchten und warum das möglicherweise noch nicht einmal ausreichen wird.

In eigener Sache: Wenn Ihnen dieser Artikel gefällt, dann können Sie mir das Schreiben und Recherchieren gerne mit einem Kaffee oder einer kleinen Spende versüßen. Eine Möglichkeit dazu finden Sie auf der Seite Buy me a coffee.

Wie denken Sie darüber? Haben Sie Anmerkungen oder andere Ideen zu diesem Thema? Oder sehen Sie es ganz anders? Schreiben Sie es mir in den Kommentaren.

Claus Nehring

Ich bin freiberuflicher Autor, Journalist und Texter (aka "Schreiberling") aus Luxemburg. Als Informatiker und Statistiker habe ich jahrelange Erfahrung in der Visualisierung und Modellierung großer Datenmengen. Ich beschäftige mich seit mehr als 30 Jahren mit Infektionskrankheiten und publiziere Artikel zu diesem Thema, aus verschiedenen anderen Wissenschafts-Bereichen und aus dem Bereich Internet & Gesellschaft,

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


Durch das Abschicken des Kommentars werden die eingegebenen Daten in der Datenbank dieser Website gespeichert. Ausserdem speichern wir aus Sicherheitsgründen Ihre IP-Adresse für einen Zeitraum von 60 Tagen. Weitere Informationen zur Datenverarbeitung finden Sie in der Datenschutz-Erklärung.

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"