Betrachtungen zu aktuellen antiviralen Medikamenten
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Schauen wir uns mal antivirale Medikamente an – am Beispiel von dem, was wir jetzt gegen SARS-CoV-2 in der Pipeline haben.
Generell sind antivirale Medikamente kniffelig. Warum? Weil Viren unsere eigenen Zellen zur Vermehrung nutzen und so die meisten für die Virusvermehrung nötigen Elemente auch für unseren eigenen Stoffwechsel nötig sind. Wir haben hier ein ähnliches Problem wie bei Krebs – entweder wir nehmen schwere Nebenwirkungen in Kauf oder wir brauchen einen sehr spezifisch auf die relativ wenigen viruseigenen Proteine zielenden Wirkstoff.
Bei bakteriellen Infektionen ist das etwas einfacher, denn die meisten Antibiotika wirken gegen Komponenten, die in vielen Bakterienarten vorkommen (z.B. bakterielle Ribosomen oder Komponenten der Zellwand). Bei Viren gibt es vor allem drei Ansatzpunkte:
Das Andocken, Eindringen oder Ablösen von Zellen zu inhibieren – hierzu blockiert man Rezeptoren an der Zell- oder Virenoberfläche oder Enzyme, die für einen dieser Prozesse nötig sind (z.B. Neuraminidaseinhibitoren gegen Influenza). Hierzu finden sich in der Zellkultur oft relativ schnell vielversprechende Kandidaten, leider sind diese in der Praxis dann oft untauglich, da man sie in zu großen Konzentrationen ins Gewebe bringen müsste, um wirklich effektiv zu sein.
Die beiden anderen Ansatzpunkte greifen schon in der Produktion neuer Viren ein:
Hemmstoffe der Nukleinsäuresynthese: Da Viren oft eigene DNA- oder RNA-Polymerasen besitzen, die etwas andere Bindungseigenschaften als unsere zellulären Enzyme haben, lassen sich diese teilweise inhibieren, ohne den Wirt zu schwer zu beeinflussen.
Eine Möglichkeit, das zu erreichen sind Nukleosidanaloga, also Substanzen, die den DNA- und RNA-Bausteinen ähneln, aber entweder nicht verbaut werden können und so das Enzym blockieren, oder beim Einbau zu mutierten – und dann oft funktionsunfähigen Nukleinsäuren führen.
Letzteres ist auch der Mechanismus von Molnupiravir® von Merck – im Prinzip bringt man Viren also dazu, sich zu Tode zu mutieren. Das anfangs auch gegen Covid-19 getestete Remdesivir® ist ebenfalls ein Nukleosidanalogon, führt aber zum Abbruch der RNA-Kette.
Molnupiravir® konnte in Studien etwa 50% der Tode bei Risikopatienten verhindern, Remdesivir® hat sich leider nicht bewährt, auch gegen Ebola, gegen das es ursprünglich entwickelt wurde, wirkt es nur sehr eingeschränkt.
Der dritte Ansatz ist die Reifung viraler Proteine, wobei häufig Proteasen, also Enzyme, die andere Proteine schneiden, eine Rolle spielen – man kann sich das vorstellen wie beim Basteln, wo man für das finale Bauteil manchmal etwas ab- oder einschneiden muss.
Solche Proteasen können auch teilweise sehr spezifisch gehemmt werden, gegen HIV werden solche Proteaseinhibitoren wie Ritonavir® schon länger erfolgreich eingesetzt. Eben dieses Ritonavir® ist neben einem anderen Proteaseinhibitor auch in Paxlovid®, dem neuen Medikament von Pfizer, enthalten, das sogar bis zu 90 Prozent der schweren Verläufe verhindern können soll!
Dass wir jetzt vielversprechende Wirkstoffkandidaten gegen Covid-19 haben, stimmt hoffnungsvoll, denn wo es erfolgreiche Ansätze gibt, lässt sich auch besser weiterforschen. Die Zulassung, Herstellung und Verteilung wird aber sicher noch Zeit benötigen – nicht zuletzt, weil auch hier das Nebenwirkungsprofil genau betrachtet werden muss.
Und eine Behandlung bleibt immer riskanter und teurer als eine gute Prävention, man sollte diese Mittel also unbedingt als Ergänzung zur Impfung sehen – für die wenigen aus guten Gründen Ungeimpften und für Impfdurchbrüche sind sie aber ein klarer Hoffnungsschimmer!
2022 wird für das Virus dann hoffentlich ein wirklich hartes Jahr!
Mäuschen Out 🐭
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