Corona

Das sollten Sie unbedingt über Impfungen und Immunität wissen

Zuletzt aktualisiert am 21. März 2021 von Claus Nehring

Im Moment liest man in der Presse und den sozialen Netzwerken viel über Impfungen und Immunität. Vieles davon ist leider nicht sonderlich vollständig und bezieht sich nur auf einen bestimmten Aspekt und manches ist (gerade in den sozialen Netzwerken) schlicht gelogen. Ich will an dieser Stelle nicht groß auf die Impflügen eingehen, dafür gibt es genügend Faktenchecker, die das sehr gut erledigen (eine Auswahl finden Sie beispielsweise hier in meiner Sammlung von Faktenchecks).

In diesem Artikel möchte ich Ihnen in einfachen Worten erklären, wie Immunität überhaupt funktioniert und was Sie von den verschiedenen heute verfügbaren Impfstoffen erwarten dürfen. In diesem Artikel wird eine sehr komplexe Materie in stark vereinfachter Form behandelt, deswegen habe ich an vielen Stellen zugunsten einer besseren Verständlichkeit auf einige Details verzichtet.

Vorab möchte ich Ihnen allerdings ein Phänomen erklären, das in der Epidemiologie Dispersionsfaktor (bzw. Über- oder Unter-Dispersion) genannt wird und das für das weitere Verständnis nicht ganz unwichtig ist. Danach folgt dann ein kurzer Abschnitt über die verschiedenen Testmethoden, bevor ich dann letztlich zur Impfung und zur Immunität komme.

Der Dispersionsfaktor und sein Einfluss auf das Infektionsgeschehen

Wir betrachten im Allgemeinen die Reproduktionszahl R als Maß für das Infektionsgeschehen. Die Kennzahl gibt an, wie viele weitere Personen von einem Infizierten angesteckt werden, bei einer Reproduktionszahl von 2 würde jeder Infizierte zwei weitere Personen anstecken. Aber dieses Bild ist nicht ganz richtig, weil es sich bei R um einen rechnerischen Durchschnittswert handelt.

Tatsächlich ist es so, dass der überwiegende Teil der Infizierten keine weitere Person ansteckt, dafür aber relativ wenige Infizierte jeweils viele andere Menschen infizieren. Mittlerweile können wird das auch so ungefähr beziffern, wir gehen heute davon aus, dass nur rund 20 bis 25 Prozent der Infizierten für die Weiterverbreitung von SARS-CoV-2 sorgen.

Wenn wir also 100 Infizierte haben, dann stecken 75 davon keinen einzigen anderen Menschen an. Die restlichen 25 Infizierten allerdings (die sog. Superspreader) stecken jeweils acht weitere Menschen an, daraus ergeben sich dann in der Summe 200 Neu-Infektionen und eine Reproduktionszahl von 2. In der Epidemiologie spricht man vom Dispersionsfaktor, und dieses Phänomen nennt sich Überdispension.

Diese Überdispersion sorgt dafür, dass sich das neue Corona-Virus nicht gleichmäßig ausbreitet, sondern dass es immer wieder zu sogenannten Clustern kommt, also bestimmten Orten, an denen sich sehr viele Menschen gleichzeitig infizieren.

Die Viruslast und der ct-Wert

Die Ursache dafür liegt darin, dass nur einige infizierte Menschen genügend Virusmaterial im Rachenraum haben, um andere Personen anstecken zu können (man spricht hier von der Viruslast). Diese Viruslast ist ein Maß für die Infektiösität, umso höher sie ist, desto höher ist auch die Ansteckungsgefahr durch diese Person.

Die Viruslast lässt sich anhand des sogenannten ct-Werts (aus dem Englischen von Cycle Threshold) ungefähr bestimmen. Ein PCR-Test arbeitet mit DNA-Material aus einer Abstrich-Probe und einigen Testreagenzien. Aus der Abstrich-Probe werden einige Gene, die in dieser Kombination nur bei SARS-CoV-2 vorkommen, vervielfältigt. Wenn diese Corona-spezifischen Gene im Probenmaterial vorhanden sind, wird nach mehreren Vervielfältigungen ein positives Ergebnis angezeigt. Sind diese spezifischen Gene nicht in der Probe vorhanden, ist das Ergebnis negativ.

Der ct-Wert gibt die Anzahl der Vervielfältigungen an, die bis zu einem positiven Resultat notwendig sind. Und daraus lässt sich ungefähr die Viruslast abschätzen, weil umso weniger Vervielfältigungen notwendig sind, umso mehr Virusmaterial im Ausgangs-Material enthalten war. Umso niedriger also der ct-Wert (die Anzahl der notwendigen Zyklen bis zu einem positiven Ergebnis) ist, desto höher war die Viruslast der Ausgangs-Probe.

Anmerkung: wissenschaftlich fundierter und detaillierter können Sie das bei Interesse zum Beispiel hier bei Quarks nachlesen.

Die Aussagekraft eines positiven PCR-Tests

Ein positives Ergebnis im PCR-Tests bedeutet also, dass man das SARS-CoV-2-Virus in sich trägt. Eine genaue Aussage in Bezug auf die mögliche Schwere des Verlaufs oder die Infektiösität lässt sich damit aber nicht machen, weil die Viruslast in der Abstrich-Probe nicht unbedingt der Viruslast im gesamten Rachenraum entsprechen muss.

Man kann also anhand des ct-Werts (leider) nur ungefähr feststellen, ob eine infizierte Person nun hochinfektiös ist oder nicht. Aber ich erkläre Ihnen diese Zusammenhänge an dieser Stelle, weil das trotzdem die Basis für ein paar richtig gute Nachrichten ist.

Die Funktionsweise von Schnelltests

Wie wir oben gesehen haben, bedeutet also eine hohe Viruslast im Rachenraum auch gleichzeitig eine hohe Infektiösität. Genau diese Personen mit hoher Viruslast sollten wir also sinnvollerweise sehr schnell finden, damit sie keine weiteren Menschen anstecken können. Und genau das leisten moderne Schnelltests.

Denn Antigen-Schnelltests werden immer besser und zuverlässiger, umso höher die Viruslast im Rachenraum ist. Selbst gute Schnelltests erkennen zwar im Vergleich zu PCR-Tests weniger Infizierte, aber sie erkennen um die 90 % der hochinfektiösen Infizierten. Und das sind ja genau die Infizierten, die wir unbedingt finden müssen.

Deswegen kann eine ausreichende Anzahl von Antigen-Schnelltests im Eingangsbereich von hochfrequentierten Gebäuden (Schulen, Krankenhäuser, Altersheime usw.) tatsächlich dafür sorgen, dass unser normales Leben ein Stück weit zurückkommt. Und deswegen ist es ein riesengroßer Fehler der luxemburgischen Regierung gewesen, dass sie sich nicht früher um die Beschaffung dieser Tests gekümmert hat und die Schulen auch noch ohne entsprechendes Testkonzept wieder geöffnet hat.

Trotzdem bleibt die gute Nachricht, dass sich diese Antigen-Schnelltests in ziemlich naher Zukunft als der Game-Changer erweisen dürften, der uns wieder einige Aktivitäten ermöglichen wird.

Ein paar Worte über die Immunität

Eine Immunität gegen das SARS-CoV-2-Virus bedeutet, dass das Immunsystem auf die Erkennung dieses Virus trainiert wird. Das nennt sich dann Immunantwort, und die besteht, ganz grob vereinfacht, aus zwei Säulen.

Da wären zunächst einmal die Antikörper, die produziert und freigesetzt werden, sobald der Organismus mit Oberflächenstrukturen (sogenannten Antigenen) eines Fremdstoffes in Berührung kommt. Sie verbinden sich an einem Ende mit dem zu bekämpfenden Erreger und docken mit dem anderen Ende an körpereigene Zellen an, die dadurch die Fremdkörper unschädlich machen und den Organismus so vor Infektionen schützen.

Dieser Teil der Immunantwort wird als humorale Immunantwort bezeichnet, er besteht aus den oben erwähnten Antikörpern bzw. Immunglobulinen. Diese Antikörper werden durch sogenannte B-Zellen produziert und dienen der Bekämpfung von Erregern im Blut und in den Körperflüssigkeiten.

Antikörper bilden sich bei vielen Krankheiten nach einiger Zeit zurück. Daher benötigen wir noch einen zweiten Teil der Immunantwort, der dem Immunsystem sozusagen als Gedächtnis dient. Dieses immunologische Gedächtnis wird durch die sogenannten T- und B-Gedächtniszellen gebildet, die die zelluläre Immunantwort ausmachen.

Die Immunglobuline werden in fünf Untergruppen eingeteilt, von denen ich hier drei etwas näher erläutern möchte.

IgM-Antikörper (Immunglobulin M)

Bei der Erstinfektion mit einem Erreger werden zunächst einmal IgM-Antikörper gebildet. Diese Antikörper sind nicht besonders spezialisiert, sie dienen eher der generellen und schnellen Abwehr von Erregern.

IgM-Antikörper sind also so eine Art „schnelle Eingreiftruppe“ des Körpers, ihr Vorhandensein weist auf eine relativ frische Infektion hin.

IgA-Antikörper (Immunglobulin A)

Interessanter für uns sind IgA-Antikörper, die etwas später gebildet werden und schon recht genau für den jeweiligen Erreger „maßgeschneidert“ sind. Sie entstehen etwas später als IgM-Antikörper.

IgA-Antikörper gelangen aus dem Blut auch auf die Schleimhäute und können so im Idealfall dafür sorgen, dass ein Erreger schon auf den Rachen-Schleimhäuten vernichtet wird und sich so gar nicht erst im Körper ausbreiten kann.

Wenn eine Impfung (oder eine überstandene Infektion) also für IgA-Antikörper auf den Schleimhäuten sorgt, dann verringert sich die Infektiösität des Infizierten oder es entsteht sogar eine sterile Immunität.

IgA-Antikörper bilden also eine „Schutzbarriere“ gegen Krankheitserreger und sollen das weitere Eindringen in den Körper verhindern.

IgG-Antikörper (Immunglobulin G)

Die IgG-Antikörper kommen mengenmäßig am häufigsten im Blut vor. Diese Antikörper werden ab ungefähr drei Wochen nach einer Infektion gebildet und markieren den Beginn der Entwicklung des sogenannten „immunologischen Gedächtnisses“.

Denn sie sorgen zwar durch ein Andocken für die Neutralisation von Erregern, aber sie lösen auch weitere Abwehrmechanismen des Immunsystems aus, indem sie Fresszellen (Phagozyten) anlocken, die dann die Erreger zerstören.

Damit stellen IgG-Antikörper eines der „Bindeglieder“ zwischen der humoralen und der zellulären Immunantwort dar.

IgG-Antikörper sind übrigens die einzigen Antikörper, die die Plazenta durchdringen können. Sie gelangen daher auch in das Blut eines ungeborenen Kindes gelangen und schützen Kinder damit noch vor dem Aufbau des eigenen Immunsystems vor bestimmten Krankheiten.

B- und T-Zellen

B-Zellen und T-Zellen sind ein Teil der zellulären Immunantwort. Sie sind sehr spezifisch auf einen bestimmten Erreger zugeschnitten und sorgen deswegen für eine sehr schnelle Immunantwort. Dabei erzeugen T-Zellen Botenstoffe, die andere Zellen zur Produktion von Antikörpern anregen und sind in der Lage, virusinfizierte Zellen zu erkennen und zu vernichten. B-Zellen hingegen produzieren die oben beschriebenen Antikörper.

Die meisten dieser Zellen besitzen nur eine geringe Lebensdauer und sterben nach einer Immunantwort den vorprogrammierten Zelltod. Aber rund fünf Prozent dieser Zellen verwandeln sich in langlebige Gedächtniszellen und bilden das sogenannte immunologische Gedächtnis. Dadurch kann das Immunsystem bei erneutem Kontakt mit dem gleichen Erreger sofort wieder die passenden neutralisierenden Antikörper bilden, die dann die eigentliche Infektion bekämpfen.

Dadurch ergibt sich übrigens auch ein Effekt, der bei Covid-19 nicht ganz unwichtig ist. Denn der menschliche Organismus bewahrt nach jedem Kontakt mit einem Erreger eine Anzahl von Gedächtniszellen auf. Und irgendwann nehmen diese Zellen sehr viel mehr Platz ein, als die Zellen, die noch auf neue Erreger reagieren können. Deswegen nimmt im Alter die Immunabwehr ab und deswegen ist gerade für ältere Menschen die Covid-19-Impfung sehr wichtig.

Das Immungedächtnis kann übrigens durchaus lebenslang anhalten (z.B. Masern oder Hepatitis), das muss aber nicht der Fall sein. Wie lange eine Immunität gegen SARS-CoV-2 anhalten wird, wissen wir derzeit leider noch nicht.

Das passiert bei einer SARS-CoV-2-Infektion

Die Übertragung des SARS-CoV-2-Virus von Mensch zu Mensch geschieht durch virushaltige Tröpfchen oder Aerosole. Solche Tröpfchen können beim Schreien, Spucken, Singen, Niesen und Husten entstehen und sinken durch ihre Größe schnell zum Boden hin ab. Deswegen können wir uns vor ihnen schützen, indem wir ausreichend Abstand zu anderen Menschen halten.

Etwas anders sieht es bei den sogenannten Aerosolen aus, die sich auch beim Sprechen und Atmen bilden. Auch hier handelt es sich um Tröpfchen, allerdings um weitaus kleinere, die deswegen in Form von Aerosolwolken über längere Zeit unsichtbar in der Luft schweben können. Deswegen bedeutet das Abstandhalten alleine, vor allem in geschlossenen und schlecht belüfteten Räumen, keinen ausreichenden Schutz vor einer Übertragung des Virus.

Einmal über solche Tröpfchen oder Aerosole in den Körper gelangt, vermehrt sich das SARS-CoV-2-Virus zunächst einmal im Nasen- und Rachenraum. Dazu dockt das Virus mithilfe eines Oberflächenproteins (das sogenannte Spike-Protein) an dazu passende Oberflächenproteine der Wirts-Zelle (die sogenannten Rezeptoren) an und benutzt dann zelleigene Mechanismen, um mit seinem Genom das Bauprogramm der befallenen Zelle so zu verändern, dass sie von nun an das SARS-CoV-2-Virus produziert.

Die befallene Zelle wird somit zu einer Art Virenfabrik umprogrammiert und zerfällt, sobald sie eine bestimmte Anzahl von Viren produziert hat. Die produzierten Viren werden dabei im Körper freigesetzt und versuchen ihrerseits weitere Zellen zu befallen.

Diese Reproduktion findet, wie oben schon gesagt, zunächst einmal im Mund-, Nasen- und Rachenraum statt. Aber wenn das SARS-CoV-2-Virus nicht (oder nicht schnell genug) vom Immunsystem bekämpft wird, dann breitet es sich zunächst einmal in der Lunge und auch in anderen Organen, im Herzen, den Gefäßen und im Nervensystem aus und kann dabei sehr große (und dauerhafte) Schäden anrichten und auch zum Tode führen.

Wir sollten hierzu einige Dinge festhalten:

  1. Die durch das SARS-CoV-2-Virus verursachte Covid-19-Erkrankung hat also nicht nur die offensichtlichen direkten Folgen für den Betroffenen, sondern kann auch sehr unangenehme Spätfolgen verursachen (die unter dem Begriff „LongCovid“ zusammengefasst werden).
  2. Wie schwer eine Covid-19-Erkrankung ausfällt, hängt erheblich mit der Schnelligkeit der Immunantwort zusammen. Denn nur die schnelle Bildung von Anti-Körpern durch das Immunsystem kann das SARS-CoV-2-Virus am weiteren Vordringen in andere Organe hindern.
  3. Ein bereits trainiertes Immunsystem (entweder durch eine zurückliegende Infektion oder durch eine Impfung) kann sehr schnell IgA-Antikörper (siehe oben) bilden. Da diese Anti-Körper auch in den Schleimhäuten präsent sind, verringern Sie die Viruslast schon im Rachenraum und senken damit die Infektiösität.

Im nächsten Abschnitt gehe ich darauf ein, wie das Immunsystem auf eine Impfung durch einen der zugelassenen Impfstoffe reagiert und wo dabei nun eigentlich der Unterschied zu einer „echten“ Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus liegt.

Das passiert bei einer Impfung

Wir haben oben bereits gesehen, dass das Immunsystem auf die Oberflächen-Strukturen des Virus reagiert. Das wiederum bedeutet, dass zum Training des Immunsystems gar nicht das komplette SARS-CoV-2-Virus benötigt wird, sondern nur ein Teil dieser Oberflächen-Struktur, des sogenannten Spike-Proteins.

Genau das versuchen die derzeit zugelassenen Impfstoffe, sie bringen einen Teil des Spike-Proteins in den Körper ein, um eine Immunantwort auszulösen und dadurch das Immun-Gedächtnis auf das SARS-CoV-2-Virus zu trainieren. Dafür gibt es verschiedene Ansätze. Genbasierte Impfstoffe (dazu gehören mRNA-Impfstoffe wie die von BioNTech oder Moderna und Vektor-Impfstoffe wie der von AstraZeneca) veranlassen Körperzellen zur Produktion des Antigens, auf das das Immunsystem dann reagiert. Totimpfstoffe wie der von Novavax bringen direkt nicht vermehrungsfähige Bestandteile des SARS-CoV-2-Virus (Antigene) in den Organismus ein.

Die Wirkweise unterscheidet sich letztendlich nicht erheblich. Ein gut funktionierender Impfstoff sorgt dafür, dass das Immunsystem Anti-Körper gegen das SARS-Cov-2-Virus produziert, die dann im Falle einer Infektion sofort zur Bekämpfung des echten Virus zur Verfügung stehen.

Aber, und das ist wichtig, sie enthalten eben kein replikationsfähiges Virusmaterial und lösen deswegen auch keine Erkrankung mit den oben beschriebenen Folgen aus. Sie lösen lediglich die Immunantwort aus, eine geimpfte Person bemerkt das an den mittlerweile hinlänglich bekannten Nebenwirkungen, die einer leichten Grippe ähneln.

Deswegen ist das Auftreten dieser Nebenwirkungen (die übrigens nach den bisherigen Erfahrungen bei AstraZeneca nach der ersten Impfdosis und bei BioNTech und Moderna nach der zweiten Impfdosis stärker ausfallen) sehr positiv, denn sie sind ein Zeichen dafür, dass sich im Organismus tatsächlich eine Immunreaktion aufbaut.

Der Einfluss der Mutanten auf die Impfung

Momentan liegt das Hauptaugenmerk auf drei Varianten (Mutanten) des SARS-CoV-2-Virus, die sich weltweit verbreiten und die vom European Center for Disease Control (ECDC) als besorgniserregend (sog. Variants of Concern) eingestuft wurden. Es handelt sich hier um die Varianten B.1.1.7 (die „britische“ Variante), B.1.351 (die „südafrikanische“ Variante) und P.1 (die „brasilianische“ Variante).

Alle drei zeichnen sich durch eine höhere Infektiösität als das ursprüngliche SARS-CoV-2-Virus aus, die Mutanten B.1.351 und P.1 beinhalten darüber hinaus eine sogenannte Flucht-Mutation (Escape-Mutation), die dem Immunsystem die Erkennung erschwert.

Besonders stark ist das beim Impfstoff von AstraZeneca thematisiert worden, der infolge seiner geringeren Wirksamkeit gegen die Mutante B.1.351 in Südafrika nicht mehr verwendet wird. Dazu sollte man allerdings wissen, dass sich diese Entscheidung der Südafrikaner nicht darauf bezieht, dass der Impfstoff von AstraZeneca nicht gegen die Folgen einer Infektion mit dieser Mutante wirken würde, sondern lediglich darauf, dass die Infektiösität dieser Mutante durch den Impfstoff weniger stark eingeschränkt wird.

Wir wissen derzeit nicht, wie stark die Effekte durch die Mutanten B.1.351 und P.1 beim Impfstoff von AstraZeneca sein werden. Denn zwischen den mRNA- und den Vektor-Impfstoffen gibt es einen wichtigen Unterschied im Aufbau der Wirkung, der hierbei relevant sein dürfte. Während mRNA-Impfstoffe bereits nach der ersten Impf-Dosis eine nahezu vollständige Immunantwort auslösen (die dann durch die zweite Impf-Dosis stabilisiert und noch etwas erhöht wird), baut der Vektor-Impfstoff von AstraZeneca nach der ersten Impf-Dosis eine weitaus geringere Wirkung auf, hier kommt die vollständige Immunität erst eine Weile nach der zweiten Impf-Dosis zum Tragen.

Wir wissen außerdem, dass die durch alle drei in der EU zugelassenen Impfstoffe (auch der von AstraZeneca) ausgelöste T-Zellen-Antwort (die Anti-Körper, die bereits infizierte Zellen erkennen und vernichten können, siehe oben) auch gegen diese drei Mutanten sehr wirkungsvoll ist. Sie können also auch als mit dem Impfstoff von AstraZeneca geimpfte Person davon ausgehen, dass Sie von den schweren Folgen einer eventuellen Infektion verschont bleiben werden.

Und wir wissen zu guter Letzt auch, dass die Mutante B.1.351 hier in Europa derzeit nur eine untergeordnete Rolle spielt, bei uns ist vielmehr die Mutante B.1.1.7 auf dem Vormarsch, gegen die der AstraZeneca-Impfstoff ganz hervorragende Ergebnisse zeigt, und zwar sowohl bei der humoralen als auch bei der zellulären Immunantwort (siehe oben).

Auf eine Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff zu verzichten bedeutet also letztlich, dass Sie sich ungeschützt einer möglicherweise tödlichen Erkrankung aussetzen, obwohl Sie das hätten verhindern können. Und es bedeutet außerdem, dass Sie auf einen Impfstoff verzichten, der nachgewiesenermaßen auch zur Reduktion Ihrer eigenen Infektiösität im Falle einer Infektion führt und damit nicht nur sich selbst, sondern auch Ihre Mitmenschen in Gefahr bringen.

Update vom 21. März 2021: Mehr über den AstraZeneca-Impfstoff und über den kurzen Impfstop aufgrund des Auftretens einiger Fälle von Hirnvenenthrombosen in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung erfahren Sie übrigens bei Interesse im Artikel Ein Plädoyer für den AstraZeneca-Impfstoff in diesem Blog.

Auf diesen Schutz für sich selbst und für andere würden Sie ausschließlich aufgrund von Medien-Berichten verzichten, die für die hiesige Situation nicht sonderlich relevant sind. Das klingt nicht sonderlich sinnvoll, oder?

Fazit

Wie Sie oben gesehen haben, hat die Impfung mit einem der drei bisher in der EU zugelassenen Impfstoffen eine starke Wirkung auf unser Immunsystem und schützt deswegen zwar nicht unbedingt vor einer zukünftigen Infektion, aber vor den schweren Folgen einer solchen.

Darüber hinaus sorgt die Impfung durch die umfassende Immunantwort aber auch für eine geringere Infektiösität im Falle einer SARS-CoV-2-Infektion und schützt damit nicht nur Sie selbst, sondern auch Ihre Mitmenschen.

Auf eine so schnelle Verfügbarkeit hocheffektiver Impfstoffe hätten wir vor einem halben Jahr kaum zu hoffen gewagt. Deswegen trägt jetzt jede einzelne Impfung dazu bei, dass wir unserem Ziel eines „normalen“ Lebens wieder ein Stückchen näherkommen. Und genau das wollen wir doch alle, oder?

Tragen Sie also bitte Ihren Teil dazu bei, dass wir wieder einen schönen Sommer mit einem halbwegs normalen sozialen Leben genießen können und lassen Sie sich impfen. Und bitte ignorieren Sie die ganzen Schwurbler, die Ihnen mit absurden Argumenten von dieser Impfung abraten und denen es (auf Kosten von uns allen) nur um die eigene Medien-Präsenz geht.

Ich danke Ihnen schon jetzt für Ihren Beitrag zur Rückkehr in die Normalität, die wir alle so sehr vermissen.

In eigener Sache: Wenn Ihnen dieser Artikel gefällt, dann können Sie mir das Schreiben und Recherchieren gerne mit einem Kaffee oder einer kleinen Spende versüßen. Eine Möglichkeit dazu finden Sie auf der Seite Buy me a coffee.

Wie denken Sie darüber? Haben Sie Anmerkungen oder andere Ideen zu diesem Thema? Oder sehen Sie es ganz anders? Schreiben Sie es mir in den Kommentaren.

Weiterführende Informationen

Claus Nehring

Ich bin freiberuflicher Autor, Journalist und Texter (aka "Schreiberling") aus Luxemburg. Als Informatiker und Statistiker habe ich jahrelange Erfahrung in der Visualisierung und Modellierung großer Datenmengen. Ich beschäftige mich seit mehr als 30 Jahren mit Infektionskrankheiten und publiziere Artikel zu diesem Thema, aus verschiedenen anderen Wissenschafts-Bereichen und aus dem Bereich Internet & Gesellschaft,

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