CoronaFactcheck

Nein, die Covid-19-Impfung verstärkt nicht die Sterblichkeit in Israel und Großbritannien

Die Twitter-Autorin „Bissiges Mäuschen“ hatte es im Artikel Was mit der Impfung kommt – Hoffnung, Unsinn und Antworten auf diesen vom 17. Dezember 2020 in diesem Blog schon vorhergesehen, und jetzt passiert es tatsächlich: erste Medien konstruieren einen Zusammenhang zwischen den steigenden Todesfallzahlen in Israel und Großbritannien und dem Beginn der Impfungen.

Aber in dieser Darstellung steckt ein erheblicher Denkfehler.

Als Israel und Großbritannien Ende Dezember mit den Impfungen begonnen haben, waren beide Länder mitten in einer exponentiellen Entwicklung der Neu-Infektionen, die bis heute nicht gestoppt werden konnte. Und an dieser Entwicklung und an ihren Auswirkungen ändert der Beginn der Impfungen zunächst einmal gar nichts.

Von 1.000 Menschen, die sich heute infizieren, werden so um die 60 bis 80 zwei Wochen später in einer Klinik liegen und ungefähr 10 von ihnen werden an der Covid-19-Erkrankung versterben. Schwere Erkrankungen und Todesfälle treten also erst ein paar Wochen nach der Infektion auf, und dann ist’s für eine Hilfe durch eine Impfung für die Betroffenen leider zu spät.

Wenn also die Anzahl der Neu-Infektionen stark ansteigt, dann wird zwei bis drei Wochen danach die Klinikbelegung ansteigen und eine weitere Woche danach wird auch die Anzahl der Todesfälle ansteigen. Und auch daran ändert die Verfügbarkeit einer Impfung zunächst einmal gar nichts.

In einem späteren Verlauf der Pandemie mit zunehmender Impfung in der Bevölkerung werden wir vermutlich sehen, dass der Anteil der Infektionen mit einem schweren Verlauf nachlässt, aber dieser Effekt dürfte in den Zahlen erst in einigen Monaten sichtbar werden.

Ein vollständiger Impfschutz baut sich bei den Impfstoffen von BioNTech und Moderna nach Gabe der zweiten Impfdosis, also nach fünf bis sechs Wochen, auf. Vor Ablauf dieser Periode hat der Beginn der Impfungen nicht das Geringste mit dem Infektions-Geschehen zu tun. Und auch danach werden wir zunächst einmal keine größeren Änderungen sehen können, weil schlicht noch nicht genügend Menschen über einen Impfschutz verfügen.

Absehbar ist allenfalls, dass wir mit zunehmender Impfung der Risiko-Gruppen einen Rückgang der schweren Krankheitsverläufe beobachten sollten. Das weitere Infektions-Geschehen lässt sich kaum vorhersagen, weil hier auch die SARS-CoV-2-Mutanten aus Großbritannien, Südafrika und Brasilien eine Rolle spielen könnten.

Aber es dürfte sich zukünftig lohnen, die Entwicklung gerade in Israel genauestens zu beobachten. Denn dort dürfte am schnellsten ein Großteil der Bevölkerung geimpft sein und dort dürften sich die Auswirkungen am frühesten beobachten lassen. Und die Auswirkungen auf das Infektions-Geschehen dort dürften dann wohl auch ganz automatisch die Bedenken der meisten Impfgegner zerstreuen.

Mehr zu diesen Mutationen finden Sie im Artikel Die weitreichenden Folgen der neuen SARS-CoV-2-Varianten in diesem Blog, über mRNA-Impfstoffe können Sie sich im Artikel Wissenswertes über mRNA-Impfstoffe informieren und Fragen und Antworten zur Impfung gibt’s im Artikel Fragen und Antworten zur Impfung gegen Covid-19.

In manchen der oben erwähnten Artikel wird auch gerne einmal auf die angeblichen Impf-Toten in Norwegen verwiesen. Auch dieser Teil der Geschichte ist so nicht ganz richtig, wie Sie im Faktencheck Kein direkter Zusammenhang zwischen Impfung und Tod älterer Menschen auf Mimikama nachlesen können.

Anmerkung des Autors: In normalen Zeiten würde ich Medien-Artikel als Beispiel für die Behauptungen verlinken. In diesem Artikel habe ich bewusst darauf verzichtet, um den Querdenkern nicht auch noch Munition zu liefern. Leider fühle ich mich mittlerweile zu so etwas gezwungen, obwohl ich es nicht gutheißen kann und es mir für meine Leser leidtut. Ich hoffe, Sie bringen Verständnis dafür auf.

Claus Nehring

Ich bin freiberuflicher Autor, Journalist und Texter (aka "Schreiberling") aus Luxemburg. Als Informatiker und Statistiker habe ich jahrelange Erfahrung in der Visualisierung und Modellierung großer Datenmengen. Ich beschäftige mich seit mehr als 30 Jahren mit Infektionskrankheiten und publiziere Artikel zu diesem Thema, aus verschiedenen anderen Wissenschafts-Bereichen und aus dem Bereich Internet & Gesellschaft,

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