Corona

AstraZeneca und das Kapillarleck-Syndrom

Dieser Kommentar zu den aktuellen Presseberichten stammt von „Bissiges Mäuschen“ und ist mit ihrer freundlichen Genehmigung hier im Blog veröffentlicht worden. Sie können (und sollten) ihr auf Twitter unter https://twitter.com/BMauschen folgen. Hier geht’s zum Original-Thread mit allen Kommentaren.

Die EMA untersucht anscheinend aktuell einen Zusammenhang zwischen dem AstraZeneca-Vakzin und dem Kapillarleck-Syndrom (Clarkson-Syndrom).

Grundsätzlich ist das gut, es zeigt, dass die Erkenntnisse aus den Erfahrungen mit Thrombosen genutzt werden, um das Auge auch auf seltenen Erkrankungen zu haben. Gerade bei solchen, die mit dem Blutgefäßsystem zu tun haben, erscheint das ja auch sehr sinnvoll.

Eine echte Nachricht sollte das ohne Zahlen und Erkenntnisse aber eigentlich noch nicht sein, denn nicht jeder Verdachtsfall erweist sich als fundiert. Und gerade bei sehr seltenen Erkrankungen (vom Kapillarleck-Syndrom sind 2002 weltweit 57 Fälle bekannt, siehe Wikipedia-Artikel) findet man auch schneller Auffälligkeiten.

Warum ist das so?

Stellen wir uns einen Würfel mit 10 Seiten vor, der 9x die „1“ zeigt und 1x die „0“. Dann ist die Wahrscheinlichkeit für eine Doppel-0 nur 1% (p=0,1*0,1=0,01). Eine genauso unwahrscheinliche Einerserie bestände aus 43 1ern hintereinander (p=0,9^43=0,011)!

In einer zufälligen Würfelserie sind zwei Nuller hintereinander also ein sehr seltenes Ereignis. Haben wir aber schon eine 0 gewürfelt, dann ist die Wahrscheinlichkeit für die nächste schon 10%! Haben wir eine 1 gewürfelt, steigt die Wahrscheinlichkeit auf die 42 weitere nur auf 1,2%.

Das heißt: Wenn wir ein einzelnes (oder wenige) seltene/s Ereignis/se finden, wird eine auffällige Häufung plötzlich schon viel wahrscheinlicher.

Dazu kommt, dass es sehr, sehr viele sehr seltene Erkrankungen gibt. Statistisch auffällige Häufungen irgend einer sehr seltenen Erkrankung kommen also immer wieder mal vor.

Außerdem sind auch gute Diagnostiker mit seltenen Erkrankungen weniger erfahren und übersehen sie leichter – allerdings nicht, wenn sie schon von Fällen wissen und genau hinschauen! Durch die ersten Fälle steigt also sogar noch die Wahrscheinlichkeit, weitere tatsächlich zu finden!

Und bei AstraZeneca war die Aufmerksamkeit für das Blutbild ja bereits geschärft!

Das alles heißt natürlich nicht, dass die EMA sich die Sache nicht sehr genau anschauen sollte, es heißt aber eben auch, dass die Chance, dass es sich um eine zufällige Häufung und einen Fehlalarm handelt hoch ist. Außer die Zahlen sind wirklich auffällig.

Nun geht es um 5 Fälle, was schon ~10% der für ein Jahr erwarteten Fälle darstellt – aber eben auch absolut eine sehr geringe Zahl. Und das macht verlässliche Aussagen insgesamt sehr schwierig. Treten weitere Fälle auf, dann wäre es sicher angebracht, hier von einem erhöhten Risiko auszugehen.

5 Fälle bei 25 Millionen AstraZeneca-Dosen wären aber immer noch nur 0,2 Fälle pro Millionen Impfungen. Und das wäre im Vergleich zu in Deutschland bisher etwa 185 Covid-Todesfällen pro Million Einwohnern ein sehr geringes Risiko – und würde wahrscheinlich wie bei den Sinusvenenthrombosen zu einem Hinweis und bei Identifizierung von Risikogruppen evtl. zu einer Empfehlung führen, diese nicht mit AZ zu impfen und/oder danach zu beobachten.

Grund für Impfgegnerschaft ist das alles nach aktuellem Stand der Dinge also nicht, im Auge behalten sollten Fachleute es schon und offenbar tun sie das ja!

Hier noch die Meldung und…

EMA untersucht Verbindung von Astrazeneca-Vakzin mit Kapillarlecksyndrom ⋆ Nürnberger Blatt
Die EU-Arzneimittelbehörde untersucht einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Corona-Vakzin des britisch-schwedischen Herstellers Astrazeneca und dem Kapillarlecksyndrom, wie sie am Freitag in Amsterdam mitteilte. Es gehe um fünf Fälle der auch als Clarkson-Syndrom bekannten Gefäßerkrankung. Bei [...]

…jetzt noch ein kurzer anderer Rant: Was ist das für ein Stockfoto?

Bitte dreh das Mikroskop so um, dass Du an alle Bedienelemente kommst, dann kannst Du Dich auch setzen und musst Dich nicht über den Rahmen beugen, Dein Rücken wird es Dir sehr bald danken! Außerdem ist der Objekttisch viel zu weit weg vom Objektiv, dass Du irgendwas sehen könntest und wenn Du erst das Objekt suchst, geh bitte in die kleinste Vergrößerung! Ordentlich geköhlert könnte das Ding immerhin sein…

So, das musste noch raus 😆

Mäuschen out!

Den Original-Thread mit allen Kommentaren gibt’s übrigens hier :

Bissiges Mäuschen

Wenn schon Mäuschen, dann wenigstens bissig! Ich trolle Twitter mit Argumenten und manchmal ein bisschen Sarkasmus

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